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Leitung lernen und zocken

Wie lernen wir und wie entwickelt sich der Lernbereich? Wenn wir ans Lernen denken, dann kommt bei vielen erstmal die Schule ins Gedächtnis. Doch das Lernen geht weiter. Gerade im Führungskontext ist lernen wir nie aus. Lebenslanges Lernen ist vielen sicherlich ein Begriff. Doch wie entwickelt sich der Bereich?

Duolingo und Co. haben gezeigt, dass das Erlernen von Sprachen Spaß machen kann. Doch warum macht Duolingo Spaß und Vokabeln büffeln in der Schule war zum Haare raufen? Das Keyword heißt „Gamification“. Gamification ist kein neuer Bereich mehr. In vielen Bereichen wird es bereits genutzt und andere Länder, gerade in Asien, ist es fast undenkbar ohne Gamification an den Markt zu gehen. Auch der Lernbereich wird hier gerade kräftig umgekrempelt.

Lothar Kraus hat vor kurzem auf dem Leiterblog diese Frage gestellt: Zocken als Training für geistliche Leitung? Ok, der Titel ist etwas reißerisch, aber er stellt die richtige Frage. Werden wir zukünftig spielerischer an das Thema (geistliche) Leitung herangeführt?

Was ist Gamification?

Gamification ist der Prozess, Spielmechaniken und -elemente in nicht-spielerische Kontexte zu integrieren, um die Motivation, das Engagement und die Interaktion der Benutzer zu erhöhen. Ziel ist es, komplexe oder monotone Aufgaben attraktiver und ansprechender zu gestalten, indem man ihnen die Dynamik und Belohnungen von Spielen hinzufügt. Dies kann durch Punktesysteme, Ranglisten, Abzeichen, Herausforderungen, Fortschrittsanzeigen und andere spielerische Elemente erreicht werden. Gamification wird in verschiedenen Bereichen eingesetzt, darunter Bildung, Gesundheitswesen, Marketing, Personalwesen und Unternehmensführung, um Benutzer zu motivieren, Verhalten zu ändern und Ziele zu erreichen.

Doch warum funktioniert das so gut? Es zeigt sich, dass mittels Gamification Glückshormone ausgeschüttet werden. Also die Hormone, die uns immer wieder zur Schokolade greifen lassen, obwohl wir ja wissen, dass eine halbe Tafel doch reichen würde. Die Auswirkungen von Gamification auf die Ausschüttung von Glückshormonen wie Dopamin sind Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen, und es gibt Hinweise darauf, dass bestimmte Spielmechaniken und -elemente die Freisetzung von Dopamin im Gehirn stimulieren können. Hierbei werden bewusst Mechanismen im Gehirn aktiviert, um uns weiter lernen zu lassen.

Dopamin wird oft mit Belohnung, Motivation und Vergnügen in Verbindung gebracht, und viele der Elemente, die in gamifizierten Systemen verwendet werden, wie Punktesysteme, Belohnungen, Fortschrittsanzeigen und Herausforderungen, können dazu beitragen, Dopamin freizusetzen. Wenn Menschen Erfolge erleben, sei es das Erreichen eines Ziels, das Sammeln von Punkten oder das Erhalten von Auszeichnungen, kann dies ein Gefühl der Befriedigung und Freude auslösen, das mit der Freisetzung von Dopamin verbunden ist. Wir tricksen unser Gehirn also selber aus, um ein Ziel zu verfolgen. (Hamari, J., Koivisto, J., & Sarsa, H. (2014). Does gamification work?)

Obwohl es viele Studien gibt, die diese Zusammenhänge nahelegen, ist es wichtig anzumerken, dass die Wirkung von Gamification und Dopamin auf individueller Basis variieren kann und dass nicht alle Menschen gleichermaßen auf gamifizierte Anreize reagieren.


Lothar stellt in seinem Beitrag die Frage, ob auch der geistliche Führungsbereich sich hier verändern wird. Denn in der Wirtschaft sehen wir das immer mehr. Firmen setzen gezielt auf Gamification, um wichtige Lerninhalte ihren Mitarbeitenden zu vermitteln.

Interessanter Gedanke und tatsächlich gar nicht so weit weg von der Realität. Gamification ist ja ein großer Bestandteil geworden und wir alle sind in verschiedenen Situationen schon damit in Berührung gekommen. Das Lernerlebnis „spaßiger“ zu machen, zeigen Apps wie Duolingo. Man „lernt“ nicht einfach eine Sprache und büffelt Vokabeln, sondern man arbeitet sich einen Entwicklungsbaum entlang (ein Konzept, dass in Rollenspielen schon seit Jahrzehnten bekannt ist). Dabei bekommt man Erfahrungspunkte, Badges und Belohnungen. Diese triggern, wissenschaftlich nachweisbar, Glückshormone in unserem Gehirn und das regt uns dazu an weiterzumachen bzw. in diesem Fall weiterzulernen.

Wie gesagt, Gamification wird in immer mehr Bereichen eingesetzt und es wundert mich nicht, dass nun auch mehr und mehr Unternehmen das für sich entdecken.

Zurück zur eigentlichen Frage: Ist das etwas für uns (geistliche) Leiter? Ich würde sagen ja. Mit Augmented Reality (z.B. Headsets wie die Oculus Rift, Meta Quest 3 oder Vision Pro von Apple) und KI könnte das ein sehr spannendes Feld werden. Man könnte Rollenspiele nutzen, um Szenarien einzuüben. Mit KI könnten so die Szenarien echter wirken anstatt deterministisch, also dass das Gespräch immer gleich abläuft.

Gepaart mit Gamification könnte man sich so durch einen Entwicklungsbaum hangeln und Erfahrungspunkte sammeln. Also mir, als Millennial und ehemaliger Zocker, würde das Konzept taugen. Allerdings geht es hier nicht um irgendein Spiel, wo ich die Story spannend oder langweilig finden kann. Es geht hier ja um reale und wichtige Konzepte oder gar theologische Themen. D.h. für mich als Christ wäre es wichtig, dass ich weiß, dass das System auch die geistlichen Überzeugungen und Werte vermittelt, die ich selber vertrete. Das macht die Kiste etwas komplizierter, aber nicht unmöglich. Schon heute sind Computerspiele höchst komplex und über Tausende von Parametern konfigurierbar.

Fazit

Ich bin davon überzeugt, dass Gamification auch im Leitungs-Kontext eine immer wichtigere Rolle spielen wird. Bis wir hier in Deutschland aber Leitungs-Spiele ganz selbstverständlich nutzen werden, wird noch etwas Zeit vergehen. Young Leaders Parcours ist hier ein erster Wurf und zeigt, in welche Richtung es gehen kann. (Der Leitungsblog: Young Leaders Parcours)